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Vorstellung von Christian Keutel
Markus Pohle
Danke, Christian, dass du dich für ein Interview bereiterklärt hast. Auf der Suche nach Experten für Gesundheitsthemen bin ich auf dich gestoßen. Unter anderem hast du den Podcast „Das Keuteltier“, in dem du ebenfalls Gäste einlädst, aber das kannst du am besten gerne gleich selbst erzählen. Du bist aber auch angestellt bei einer Betriebskrankenkasse, wo du den Überblick über die Finanzen hast. Außerdem schreibst du deine Doktorarbeit und bist daher ganz tief in dem Thema eingearbeitet, wie das Gesundheitssystem insgesamt finanziert wird. Lieber Christian, stell dich gerne noch einmal selbst vor und ergänze.
Christian Keutel
Sehr gerne. Mein Name ist Christian Keutel, ich bin 43 Jahre alt, arbeite bei der Siemens Betriebskrankenkassen in Deutschland, bin verantwortlich für Finanzen, dem Morbi-RSA als Verteilungsmechanismus, also für die Haushaltsplanung. Dazu gehören auch verschiedene weitere Punkte wie Statistiken und Weiterentwicklung der Finanzierung der GKV (Anm.: gesetzliche Krankenversicherungen).
Du hast es schon gesagt, ich habe zu Übungszwecken einen Podcast für Menschen aus dem Gesundheitswesen entwickelt. Ich wollte mit meiner Stimme arbeiten, und die Idee kommt gut an. Es ist ein Hobby, und immer wenn ich Zeit habe und coole oder interessante Menschen treffe, produziere ich eine neue Folge. Das macht mir viel Spaß.
Außerdem arbeite ich an meiner Dissertation an der Uni Leipzig im Bereich Finanz-Wissenschaften. Das Thema ist tatsächlich die GKV-Finanzierung. Was sind die Herausforderung und Entwicklungsmöglichkeiten der Verteilungsmechanismen und was sind die Wechselwirkungen im großen Ganzen und den einzelnen Punkten. Wie wirkt es auf die Krankenkassen und so weiter. Der erste Artikel ist jetzt veröffentlicht. Darin geht es darum, dass die GKV in einer Schieflage ist in Hinblick auf die Finanzierung, das ist noch nicht geheilt ist und das wird auch nicht so schnell passieren.
Ich bin froh, dass ich heute die Chance habe, etwas über das Studium zu erzählen und damit mal auf der anderen Seite zu stehen.
Der Podcast „Das Keuteltier“
Markus
Du sagst, es war erst einmal nur ein Hobby für dich diesen Podcast zu starten. Du bist aktuell bei über 40 Folgen, das klingt für mich nicht mehr wie ein Hobby, oder?
Christian
Das ist witzig! Ich hatte eine Liste mit interessanten Menschen, und die habe ich stumpf gefragt, ob sie teilnehmen. Ich habe mal „just for fun“ eine Woche lang jeden Arbeitstag eine Folge veröffentlicht. Die habe ich kurzfristig produziert, ohne technische Hilfsmittel, nur mit dem Telefon der Marke mit dem Apfel. Eine super Qualität, kurz über die KI laufen lassen, damit die Stimme besser klingt und man nicht diese Darth Vader Atmung hört. Es ist wirklich nur ein Hobby und es kommt ganz gut an. Wenn ich mit allen gesprochen habe, die mich interessieren, dann hör ich auf, oder wenn keiner mehr bereit ist mit mir zu reden
Markus
Na, das liegt hoffentlich erst noch einige paar Jahre in der Zukunft, damit du uns noch lange erhalten bleibt.
Christian
Ja, ich hoffe auch.
Dissertation zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen
Markus
Also eine Publikation gab es jetzt schon. Es klingt natürlich recht markig, wenn du sagst, diese Finanzierung der Krankenkassen, wie wir sie hier in Deutschland haben, dieses Gesundheitssystem, das ist in der Schieflage. Das ist noch nicht geheilt und es wird auch in absehbarer Zeit nicht geheilt werden. Was bedeutet das genau?
Christian
Wir haben in Deutschland seit 15 Jahren eine gute Konjunktur, das heißt auch die Einnahmen sind stetig gewachsen, auch in der Inflationszeit bzw. in der Rezession. Das ist nicht das Problem. Was wir uns leisten sind ausgabenpolitische Auswüchse, die jedes Jahr Milliarden kosten. Also im Schnitt steigen die Ausgaben seit 2013 um 10 Milliarden pro Jahr. Die Einnahmen allerdings nicht, so dass diese Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben in der GKV immer größer wird. Natürlich kann es bei einzelnen Kassen unterschiedlich sein. Aber insgesamt ist es ein gesellschaftliches Problem, dass diese Lücke immer größer wird und nur über Zusatzbeitragssätze, also über die Beitragszahlenden, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, finanziert werden.
Das Umlagefinanzierungssystem ist nicht darauf vorbereitet, wenn die Babyboomern in Rente gehen. So wird es auf der Einnahmenseite eine Lücke geben, die wir noch gar nicht eingeplant haben. Diejenigen, die es bezahlen müssen, werden immer weniger. Die zu finanzierende Summe der Ausgaben bleibt gleich hoch bzw. wird es dann, wenn die Demographie richtig reinschlägt, auch richtig, richtig teuer. Für dieses Problem gibt es gibt keine Lösung, es gibt kein Programm, jedenfalls nicht bei den Parteien, die ich kenne. Es gibt kurzfristige Möglichkeiten, aber langfristig müssen wir schauen, dass die Ausgaben nicht so stark steigen.
Dazu haben wir noch den Fachkräftemangel. Es werden uns bald noch mehr Pflegefachkräfte fehlen. Das möchte alles finanziert werden und dazu haben wir gar nicht die Ressourcen. Also, aus der ökonomischen Perpektive. Auf der Leistungsseite ist das ist ein gutes System. Allerdings ist die Finanzierungsseite zu überarbeiten. Das ist kein sexy Thema.
Immer mehr Aufgaben für die GKV
Markus
Nur, damit ich es richtig verstehe. Im Grunde genommen stehen auf der Einnahmenseite der Krankenkassen die eingezogenen Mitgliedsbeiträge. Und Krankenkassen haben nur die Möglichkeit, den Zusatzbeitrag im gesetzlichen Rahmen zu erhöhen. Aber im Kern haben wir die Herausforderung, dass z.B. durch fehlende Pflegekräfte, Gesundheitsleistung in Zukunft noch kostspieliger werden.
Und es sind noch andere Aufgaben für die GKV hinzugekommen? Die vor 10 Jahren zu dieser Schieflage führten?
Christian
Entstanden ist die Schieflage sie vor 10 Jahren, ja. Verschärft hat sie sich in den letzten vier Jahren, würde ich sagen.
Markus
Ah, okay. Was ist deine Vermutung, weshalb es sich verschärft hat?
Christian
Der Gesetzgeber hat mit einer, ich nenne es mal Gießkannen-Politik, alle Wünsche erfüllt, die es gab. Es wurden Gesetze verabschiedet, die nicht wirklich zur Leistungsverbesserung beigetragen haben, die aber teurer waren. Gleichzeitig hat man in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Budget, ein relativ sicherer Betrag. Wir reden hier vom Volumen von 320 Milliarden Euro im Jahr 2024. Das Budget wird über die Krankenkassen verteilt. Die verbrauchen es für ihre Mitarbeitenden, die Aufgaben, Krankenhäuser und so weiter. Über die letzten 5, 6, 7, 8 Jahre kamen immer mehr Aufgaben hinzu und irgendwann hat es die Einnahmenseite komplett überholt, so dass die Lücke immer größer wurde.
Neben den Mitgliedsbeiträgen zahlt auch der Staat ein bisschen Geld ein, nämlich 14,5 Milliarden Euro, das ist der sogenannte Steuerzuschuss. Der wird gezahlt, weil die Krankenkassen Aufgaben übernehmen, die sonst der Staat hätte, also z.B. Kinderkrankengeld, Mutterschaftsgeld, verschiedene Gesundheitsleistungen, die Familienversicherung, die beitragsfrei ist für Kinder und Ehegatten. Die Förderung von Familie aus dem Grundgesetz wird übertragen in die Sozialversicherung und das zahlen die Steuerzahlenden. Das wird dann verteilt, weil es gesamtgesellschaftliche Aufgaben sind.
Der große Ausgabenblock ist zuletzt brutal gewachsen und es gibt keine Maßnahmen, die das stoppen. Die Entscheider setzen sich auch nicht zusammen und reden drüber, sondern es wird einfach weiter ausgegeben. Es gibt natürlich Maßnahmen, die wichtig und notwendig sind, auch Investitionen sind notwendig, allerdings nimmt das Züge an, die sehr schwierig nachzuvollziehen sind für jemanden, der ein bisschen Ahnung hat von der Materie. Leider ist das schwer zu erklären, denn die Bürgerinnen und Bürger interessiert vor allem, dass sie bei Bedarf ein Krankenhaus in der Nähe haben. Dass das auch bezahlt werden muss, diese Infrastruktur, und dass das nicht nur Aufgabe der Krankenkasse ist, sondern auch der Bundesländer, in denen die Krankenhäuser stehen, das wird nicht gesehen. Und deswegen müssen die die Krankenkassen mehr Geld bezahlen, um das irgendwie mitzufinanzieren.
Sozialgarantie wird gebrochen – ohne Gegenwehr
Markus
Es reicht also etwa vier Jahre zurück. Das klingt für mich dann so, als wären das auch Wählergeschenke vor der nächsten Bundestagswahl, damit wir die 16 Jahre Regierungsbeteiligung noch zu 20 Jahren voll machen. War das auch ein Aspekt dieser Gesundheitspolitik? Was vermutest du, was sich der Gesetzgeber dabei gedacht hat?
Christian
Ich glaube, dass liegt an einzelnen Personen. Wenn noch Geld in der Kasse ist, wurde es rausgehauen, denn die Nachfolgeregierung kann immer eine andere sein. Das heißt, man verlagert das Problem von einer Legislatur in die nächste. Es arbeiten viele gute Leute in den Ministerien, die vom Problem wissen und es einschätzen können, aber sie entscheiden es nicht. Es entscheidet die Parteipolitik oder die Bundesregierung. Egal, ob es jetzt der aktuelle Gesundheitsminister ist oder die davor, die viel Geld ausgegeben haben, wo mich bereits wundert, warum das nicht mehr diskutiert wurde.
Es ist ein Thema in der Gesundheitspolitik in Deutschland, dass, solange es läuft, es niemanden interessiert. Aber was machen wir denn, wenn es mal kippt und wenn es die Menschen im Geldbeutel spüren, die Arbeitgeber im Geldbeutel spüren und der Faktor Arbeit so teuer wird? Wir sprechen hier gerade nur von der Krankenversicherung. Wir haben schließlich noch mehr Sozialversicherungsleistungen, also Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung. Und es gab mal die Sozialgarantie, das maximal 40 % deines Lohns für die Sozialversicherung ausgegeben wird. Wir nähern uns mit großen Schritten der 50%-Marke. Das ist innerhalb der letzten Jahre einfach so gestiegen, ohne dass es irgendjemanden interessiert. Da sehenden Auges hineinzurennen, erschließt sich mir nicht immer, wenn ich ganz ehrlich bin.
Markus
Habe ich auch als sehr frustrierend erlebt als junger Arbeitnehmer. Ich war früher auf der Baustelle und hatte genau diese Herausforderung, dass, obwohl ich 40 Stunden gearbeitet habe, mir ein potenzieller Vermieter sagt: „Lieber Herr Pohle, Sie haben zu wenig Netto. Eine Zwei-Zimmer-Wohnung kann ich Ihnen nicht vermieten. Sie müssen jemand anderes mit in den Mietvertrag nehmen.“ Ich hatte damals auch um die 44 % an Abgaben, sowohl Steuer als auch Sozialversicherung. Dazu kommt noch der Teil des Arbeitgebers, den ich als Arbeitnehmer gar nicht sehe.
Christian
Ja, das sind die 40 % mit dem Arbeitgeberanteil, die ich in Bezug auf die Sozialgarantie meinte. Das ist das Tolle in Deutschland. Wir haben eine Beteiligung der Arbeitgeber und der Gesellschaft bei den Beiträgen. Das ist eine Errungenschaft, das gibt’s nicht in anderen Ländern. Schauen wir uns England an, wo rationalisiert wird ab einem gewissen Alter. Oder in den USA, wo du ohne Geld keine Versorgung oder nur eine Grundversorgung erhältst. Da musst du Glück haben, wenn du überlebst, z.B. wenn du einen Unfall hattest, auf gut Deutsch, natürlich etwas überspitzt. Das gibt’s in Deutschland nicht. Es wird gut finanziert, es fällt keiner durchs soziale Netz. Richtig gute Erfindung. Aber schauen wir auch ein bisschen in die Zukunft, 20, 30, 40 Jahre. Da bin ich sehr gespannt, was kommt.
Markus
Ja, habe ich auch so wahrgenommen auf meinen Reisen, z.B. in Thailand. Da gibt’s dann gute Arbeitgeber, die ihren Angestellten die Krankversicherung zahlen, aber ansonsten haben die Menschen dort einen wesentlich höheren Teil ihres Brutto als Netto, weil verschiedene Versicherungen wegfallen und sie sich selbst um ihre Altersvorsorge kümmern müssen. Diese gesellschaftlichen Pflichten wie Pflege der Angehörigen sind da noch ganz tief in der Tradition verankert, sodass es die Kinder übernehmen oder es andere Lösung gibt.
Christian
Absolut, das gibt’s in vielen Ländern. Wichtig ist, dass man im Blick behält, dass es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und nicht Aufgabe der Krankenkasse, das zu regeln. Es ist Aufgabe des Staates, des Bundes und der Länder. Die Aufgaben und die Verantwortung sind geteilt, was auch ein Problem ist, denn es reden sehr viele Menschen mit. Im Föderalismus hast du Stakeholder, Interessensvertretung usw. Klar kämpft eine Gewerkschaft für Ärzte um mehr Geld, verständlich, aber es gibt auch Ressourcengrenzen. Bei allem Verständnis als Ökonom, alle sollen fair und gut bezahlt werden, aber es ist ein Kreislauf, indem man nicht mehr Sachen rausnehmen kann, als hineinfließen.
Reformbedarf des Morbiditäts-Risikostrukturausgleichs
Markus
Zwischenfazit, wir haben ein gutes System in Deutschland. Wir können die 112 wählen und es kommt in einer gewissen Zeit ein Krankenwagen, der uns, wenn wir verschuldet oder unverschuldet Verletzungen erlitten haben oder in einen Unfall geraten sind, hilft. Es wird dafür gesorgt, dass wir kuriert werden und wieder am Arbeitsleben oder generell am Leben teilnehmen können. Nun sind seit etwa vier Jahren die Kosten für die Krankenkassen deutlich gestiegen. Es kommen weitere Herausforderungen, wie der bevorstehende Ruhestand der Baby Boomer, die bereits jetzt mit Frühverrentung ausscheiden. Damit haben wir ein Problem. Was ist deine Forschungsfrage dabei, Christian?
Christian
Die Forschungsfrage ist einerseits die Wechselwirkung der verschiedenen Einflussfaktoren auf die Finanzierung, aber auch die Problemlösung zu skizzieren. Ich promoviere im Bereich Betriebswirtschaft, nicht Volkswirtschaft, daher habe ich den Blick auf die Krankenversicherung. Was heißt das für eine Krankenkasse, wenn die Rahmenbedingungen sich so verändern? Was bedeutet das für die Haushaltsplanung? Was sind Möglichkeit aus der Politik? Was heißt das aber auch in der strategischen Ausrichtung der Kasse? Was sind Maßnahmen, die einzelne Punkte verändern könnten? Wie man das Gesamtsystem verbessern, verändern, optimieren kann, ist letztendlich nicht Teil der Forschungsfrage.
Alles Geld, was in die GKV kommt, wird über ein Verteilungsmechanismus an die Krankenkassen abgegeben, das ist der sogenannte Morbi-RSA, und der ist sehr, sehr, sehr kompliziert. Wer das Wort erfunden hat, Respekt. Morbiditäts-Risikostrukturausgleich. Das zu erklären, das zu optimieren, das ist ein Teil meiner Forschung. Wie könnte eine Optimierung auf Einzelkassenebene aussehen? Ganz nebenbei schreibe ich noch Artikel über die aktuelle Situation bei den GKV und habe bei Springer zusammen mit einem Co-Autor eine Veröffentlichung, wie generell die GKV-Finanzierung funktioniert. Dort erklären wir, wie kompliziert dieser Morbi-RSA ist, wie viele Aspekte bewertet und beobachtet werden müssen.
(Link zur Veröffentlichung Finanzierungssystematik der gesetzlichen Krankenversicherung)
Markus
Dieser Risikostrukturausgleich, wie müsste der deiner Meinung nach angepasst werden, damit das ganze System wieder in eine bessere Lage Situation kommt?
Christian
Auf das ganze System hat es keine Auswirkung, nur auf die einzelnen Krankenkassen. Für das Gesamtsystem müssten wir den Steuerzuschuss optimieren, also einerseits die Höhe, dann die Dynamisierung. Manche Punkte standen schon im Koalitionsvertrag und wurden trotzdem nicht angepasst, wie z.B. die Finanzierung von Bürgergeldbeziehenden. Die Finanzierung ist um 9 Milliarden Euro zu gering, weil der Gesetzgeber entschieden hat, dass man die nicht voll finanziert, wie andere Arbeitslose. Weil kein Geld in der Sozialkasse war, hat man einen anderen Mechanismus geschaffen, dementsprechend gibt’s da eine Lücke von 9 Milliarden in der Finanzierung der GKV. Helfen könnte auch eine Zuckersteuer, die die Finanzierung der Gesundheitsleistung übernimmt, ähnlich wie die Sektsteuer aus dem ersten Weltkrieg, um die Marine zu finanzieren. Das ist die Einnahmenseite.
Auf der Ausgabenseite braucht man ein Preismoratorium. Keiner will Leistungen bei den Versicherungen kürzen, sondern es geht darum die Leistungen finanzierbar zu halten. Wir haben einfach ein System, wo jeder zu 100% Zugang hat zu allen Angeboten und auch mehrfach Leistung in Anspruch nehmen kann, ganz wie er möchte. Das ist grundsätzlich okay. Wir haben die Möglichkeit zu acht Ärzten zu gehen, sich acht Meinungen zu holen. Dazu gehört auch die Frage, wie man die Vergütung von Ärzten, Pflegefachkräften oder Krankenhäusern gestaltet. Im Moment ist viel davon abhängig, wie oft jemand ins in die Praxis oder in die Klinik geht. Also man bekommt mehr Geld, wenn die Patienten öfters kommen. Das zu überdenken, ohne Leistungsverkürzung, sondern als Vergütungsveränderung, wäre ein wichtiger Schritt.
Und Arzneimittel sind in Deutschland unglaublich teuer. Wir sind eine der größten Volkswirtschaften auf der Welt, da kann man bei uns auch viel Geld rausziehen. Die Frage ist, sind alle Innovationen notwendig und gut? Dazu gibt’s kontroverse Diskussionen. Innovationen und Entwicklung sind wichtig, sonst hätte man keine Heilmittel und Therapiemöglichkeiten für Krebs, aber dass es tatsächlich viel besser wird, sehe ich kaum. Ich erkenne nicht, dass wir bei allen Preissteigerungen auch eine bessere Versorgung haben. Also im Vergleich der OECD ist das Ergebnis unseres Gesundheitssystems nicht überdurchschnittlich. Nur die Kosten sind überdurchschnittlich.
Risikoverhalten besteuern für gleichbleibende GKV-Leistungen
Markus
Es geht also gar nicht darum, Leistung einzukürzen. Es müsste vielmehr dafür gesorgt werden, dass beispielsweise über eine entsprechende Steuer die Gesundheitsrisiken z.B. durch übermäßigen Zuckerkonsum, gegenfinanziert werden. War das nicht Großbritannien, das eine Zuckersteuer eingeführt hat und schwupps, war es für Coca-Cola doch möglich den Zuckergehalt zu reduzieren?
Christian
Tja, große Überraschung. Das sind zwar kleine Schritte, aber die muss man einfach gehen. Ich bin dafür mehr Möglichkeiten auszuloten. Man kann auch mal versuchen und scheitern, oder womöglich auch erfolgreich sein, und das käme uns allen zugute. Wir haben auch lebensstilbedingte Problematiken wie Übergewicht, oft verursacht durch falsche Ernährung. Was machen wir? Wir wollen eine Spritze für Adipositas einführen, die den Hunger senkt. Wenn man allen Adipösen in England diese Spritze anböte, das würde 30 Milliarden Euro kosten. Man muss diese Spritze das ganze Leben nehmen. Dann ist der Geldtopf schnell leer. Klar ist das der Worst Case, aber man muss die Menschen aufrütteln und ihnen sagen, das ist ein Problem, darüber müssen wir reden und es lösen.
Markus
Ich bin ein Befürworter dafür, dass der Staat sich eher heraushält, aber das ist ein Bereich, in dem meiner Meinung nach Steuerung nötig ist. Wir können sehen, dass immer mehr Leute unter lebensstilbedingten Krankheiten leiden. Und die führen die Hauptkrankheitsursachen an, auch in den Betrieben. An erster Stelle die Muskel-Skelett-Erkrankung, weil wir uns zu wenig oder falsch bewegen. Dann auf der zweiten Stelle Atemwegsinfektion. Zugegeben, dagegen kann man vielleicht nicht viel machen. Aber dann auf der dritten Stelle und damit auch der Teil, der die längsten Arbeitsunfähigkeiten verursacht, das sind die psychischen Erkrankungen. Ich glaube, da könnte Prävention einen großen Unterschied machen. Oder eben auch mit einer Steuer dafür sorgen, dass offensichtlich ungesunde Lebensmittel, wie übersüßte Limonaden und dergleichen, für den Schaden, den sie verursachen, zur Kasse gebeten werden.
Christian
Ja, da gibt’s Möglichkeiten und Vorbilder. Aber in die Diskussion auch Praktiker von den Leistungserbringern oder aus den Krankenkassen einzubinden, das geschieht zu wenig. In anderen Ländern ist die Beteiligung an Entscheidungen transparenter ausgeprägt. In den Niederlanden werden mit verschiedenen Boards die besten Lösungen diskutiert und die Politik übernimmt es und macht was draus. Das gibt’s in Deutschland nicht.
Markus
So in die Richtung Bürgerräte, wie sie schon hier und da als Experiment eingeführt worden sind?
Christian
Eher noch höher angesiedelt, direkt im Scheinwerferlicht. Es ist sonst schwierig diese Thematiken von unten nach oben zu packen. Es muss irgendwo angesiedelt sein, wo man gehört und nicht ignoriert werden kann.
Markus
So ein Beispiel für eine Steueränderung in Deutschland war, wenn ich mich richtig erinnere, zuletzt diese Tabaksteuererhöhung.
Christian
Rauchen für die Rente.
Markus
Ich hatte die Argumentation gehört, die Folgekosten durch das Rauchen sei in den Jahren davor derart gestiegen, dass es dann einen „Missmatch“ ergab. Ich weiß, dass es eine Sucht ist und ich will es gar nicht verharmlosen. Aber ganz einfach gesprochen, wenn Leute sich dazu entscheiden, diese Risiken einzugehen und dem Gesundheitssystem diese absehbaren Kosten auflasten, dann müssen wir das auch finanzieren und der Raucher oder die Raucherin an der Stelle einen Euro mehr abdrücken.
Christian
Ja, oder Alkohol als Beispiel. Wir kümmern uns ums Rauchen, dabei ist Alkohol ebenso schlimm. Man kann zukünftig auch auf Cannabis Steuern erheben, wie auf eigentlich alles. Zuckerhaltige Getränke oder Lebensmittel, alles das ist sinnvoll und wichtig. Warten wir es mal ab.
Best Practices anderer OECD-Länder
Markus
Ich bin gespannt. Und du hast gesagt, im OECD-Vergleich ist auch ein gewisses Missverhältnis zwischen den Kosten und der Leistung des Gesundheitssystems? Was wäre dann so ein Best Practice Beispiel? Wie lösen das die anderen OECD-Länder?
Christian
Das ist eine gute Frage. Da gibt’s verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel, dass man die Leistung besser organisiert, indem man die Strukturen verändert. Es gibt viele Länder, die haben nicht so eine verteilte Struktur wie wir, sondern da ist alles in einem. Da gibt’s Fachärzte z.B. nur im Krankenhaus und nicht zusätzlich niedergelassen. Man geht zuerst zu dem einen Arzt als „Gatekeeper“ und kann nicht wechseln, weil es sonst sanktioniert wird.
Wir hatten mal eine Praxisgebühr, sozusagen eine Eintrittsgebühr von zehn Euro für den Arztbesuch im Quartal. Dadurch sind lediglich Menschen mit wenig Einkommen nicht mehr zum Arzt gegangen. Das war total kontraproduktiv. Jetzt wollte man es andersrum versuchen und die Leute belohnen, die erst zum Hausarzt gehen. Funktioniert aber auch nicht. Dabei werden bestehende Strukturen zementiert.
Außerdem sind die Vergütungsstrukturen anders. Wie gesagt, wir brauchen mehr Menschen, die im Gesundheitssystem arbeiten, es werden jedoch perspektivisch immer weniger. Pflegefachkräfte in Krankenhäusern sind jetzt schon zu wenige und wenn die in Rente gehen, dann können wir im Krankenhaus nicht mehr alle Fälle wie bisher behandeln. So etwas haben wir in der Corona Pandemie gesehen, als man Krankenhäuser geschlossen hatte. Menschen mit Bedarf an Knie- und Hüftprothesen wurden stattdessen konservativ behandelt. Die Todesrate ging nur etwas hoch in gewissen Krankheitsbildern, aber in der Gesamtschau sind die Deutschen nicht viel kränker geworden oder deutlich mehr gestorben. Es war machbar nicht zum Arzt zu gehen, ohne dass es sich verschlimmert hat. Das sind die Dinge, die uns wachrütteln sollten. Wir tun anscheinend viele Dinge, die nicht zu 100% notwendig sind.
Eine Veränderung des Systems muss man mit allen Beteiligten durchsprechen und planen und das geht doch nicht von jetzt auf gleich. Aber man muss jetzt anfangen, damit wir in der Zukunft zusammen die Erfolge feiern können. Es geht nicht, dass nur eine Partei das macht, oder nur der Bund. Man muss die Kompetenzen zusammenbringen, die Fachleute erst einmal arbeiten lassen und dann bewerten. Und nicht vorzeitig aufgrund einer politischen Idee einschränken. Ich spreche von den Fachleuten und Experten in der Partei, die die Umsetzbarkeit einschätzen können. Machen lassen und die Auswirkungen beobachten.
Markus
Sehr spannend. Also eine einzelne Maßnahme könnte dann sein, Alternativen zum System der niedergelassenen Ärzte zu betrachten. Ich hatte auch schon einmal darüber nachgedacht, was es eigentlich bedeutet, dass Ärzte Stand jetzt nach Zeit und nicht nach Ergebnissen bezahlt werden.
Gleichzeitig habe ich vor etwa einem Monat im Radio gehört, dass zum wiederholten Mal per Gesetz geregelt werden solle, wie schnell ein Notfalleinsatzwagen bzw. der Notarzt an der Unfallstelle sei. Schon die alte Vorgabe wurde nicht eingehalten, und das systematisch über Jahre hinweg. Jetzt versuche man es zu reformieren, indem man, wie du sagst, Gatekeeper einführt. Dazu wird die Notfall-Hotline umstrukturiert, sodass dort eine erste Einschätzung zur Dringlichkeit stattfindet. Denn durch diese Kostenlos-Mentalität ist es immer schlimmer geworden, dass Leute anrufen, weil das Kind hohe Temperatur hat, wobei man das eigentlich auch selbst bewältigen könnte. Oder damit zu einem niedergelassenen Arzt geht.
Christian
Ja, wir haben Bagatellerkrankungen in Notfallzentren, das ist nicht mehr verhältnismäßig. Deswegen gibt’s die Nummern der Krankenkassen, um Symptome zu schildern und sich lenken zu lassen. Das ist eine Möglichkeit. Oder den Notdienst (Anm.: Ärztlicher Bereitschaftsdienst 116117) anrufen und sagen, ich habe dieses Problem, was soll ich machen? Die helfen einem schon. Denn wenn jemand Fieber hat, dann ist diese Person nicht direkt gefährdet. Wir haben zu viele Bagatellerkrankungen im Notfallsystem. Und das erfordert auch Kapazität. Ich bin mir bei der angestrebten Reform nicht so sicher. Die Zeit wird zeigen, ob es etwas ändert.
Vorhaltevergütung gefährdet den Wettbewerbsgedanken
Markus
Was habe ich noch nicht angesprochen? Worauf sollten wir noch schauen?
Christian
Aktuell gibt es das Bestreben die Krankenhausvergütung zu reformieren, also weg von diesen Fallkosten hin zu einer Vorhaltevergütung, was grundsätzlich okay ist. Das wird sich nicht zu 100 % umsetzen lassen, weil auch das Verursacher-Prinzip in der Finanzierung bedeutsam ist. Also, wenn ich z.B. Patientinnen und Patienten habe, die bei einer Krankenkasse versichert sind, dann muss die Krankenkasse dafür auch bezahlen. Man kann nicht alles per Umlage regeln, weil Menschen, die die Versicherung sehr viel Geld kosten, würden bei Vorhaltekosten weniger zahlen. Gleichzeitig erhalten sie über diesen Verteilungsmechanismus Morbi-RSA aufgrund ihrer Erkrankung mehr Geld. Weniger Ausgaben, aber mehr Einnahmen. Normalerweise ist die Krankheit der ausgleichende Faktor dieser Verteilungsmechanik. So würden dann manche im Wettbewerb bevorteilt.
Das klingt banal, weil das mit der Versorgung erst einmal wenig zu tun hat. Wir wollen jedoch einen Wettbewerb haben. Denn wir wissen, wenn man Monopolisten hat, siehe Renten- oder Arbeitslosenversicherung, dann ist der Service nicht so gut und es gibt keine Innovation. Man muss nicht nett sein zu Menschen, die krank sind. Ein Beispiel: Du rufst an, weil du Krankengeld brauchst und hörst dann frühestens in einem Monat geht’s los. Deine Meinung ist nicht wichtig, weil du dich nur bei mir versichern kannst, denn ich bin die einzige Krankenversicherung. Das wäre der Worst Case. Deswegen wollen wir Wettbewerb zwischen den Versicherungen.
Ob ich Vorhaltekosten über einen Fall umlege oder im Voraus bezahle, das ist eher so ein Liquiditätsproblem, das anders gelöst werden kann. Daran tragen auch die Krankenkassen eine Mitschuld. Die Krankenkassen beeinflussen natürlich auch Stakeholder, denen sie die Auswirkungen zu erklären versuchen und Lobbyismus betreiben. Wenn es keine rationale Rechtfertigung für eine Entscheidung gibt, dann sollte man wieder zurücksteuern. Die meisten in der Krankenversicherung wissen das und regeln das auch im Sinne des Patienten, nur berücksichtigen das eben nicht alle. Das war der einzige Punkt, der noch fehlte.
Markus
Das letzte, was zumindest auch durch die verschiedenen Blätter ging, war diese Schlagzeile, dass immer mehr Kinderabteilungen in den Krankenhäusern schließen. Da hat der Gesundheitsminister Herr Lauterbach eine Reform durchgeführt, dass es einen Zuschlag für Krankenhäuser bei der Behandlung von Kindern gibt. Ich weiß gar nicht, wie es genau richtig funktioniert. Wie bewertest du das?
Christian
Aktivismus. Es rechnet sich oftmals nicht, so eine Abteilung vorzuhalten. Dann ergeben Vorhaltekosten Sinn. Allerdings macht es keinen Sinn in jedem Krankenhaus, in jeder Stadt so eine Abteilung vorzuhalten. Hier sollten verschiedene Regionen ihre Kompetenzen sinnvoll zusammenlegen. Dann ist die Klinik in einer Stadt Experte für Kinderheilkunde, dafür in einer anderen Stadt für eine andere Disziplin. Hier ergäben sich sinnvolle wirtschaftliche Vorteile, aber auch die Patientenversorgung wird beim entsprechenden Expertenzentrum besser. Sicher möchtest du auch lieber von einem Chirurgen behandelt werden, der diese eine Operation täglich durchführt gegenüber einem Chirurgen, der die Operation vielleicht fünfmal im Jahr durchführen muss.
Arzneimittelkosten übersteigen Arzthonorare
Markus
Noch einmal zurück zu den Medikamentenpreisen. Deutschland ist die aktuell die wirtschaftsstärkste Nation in Europa. Sind es Pharmakonzerne, die gemessen an der Wirtschaftsleistung höhere Preise als beim Nachbarland durchsetzen? Ist die Preispolitik eine Aufgabe der Krankenkasse oder der Politik? Wo siehst du einen Hebel?
Christian
Der Referenzmarkt ist Deutschland, das ist so. Was bei uns verhandelt wird, ist der Maßstab. Es gibt Länder mit weniger Wirtschaftsleistung, da ist es günstiger. Aber die aktuelle Entwicklung nimmt groteske Züge an. Man hat hier versucht geheime Arzneimittelpreise zu implementieren, damit keiner weiß, was Deutschland zahlt. So könnten die Pharmakonzerne in den anderen Ländern mehr verhandeln. Weg von Transparenz, weg von Europa, hin zu einzelstaatlichen Regelungen. Im Gegenzug gibt es dafür z.B. Standorte. Plötzlich werden Arzneimittelfabriken in Deutschland gebaut. Das ist politisch schwierig. Wer weiß schon, ob das jetzt purer Zufall ist oder zusammengehört.
Arzneimittel sind ein ganz spezielles Thema. Es geht nur über die Politik, die die Rahmenbedingungen schafft. Wenn ich international tätig bin, kann ich viel variieren, was ich wo abschreibe oder steuerlich geltend mache, um meinen Gewinn in innerhalb eines Landes zu maximieren oder zu minimieren. Das ist heute durch die Globalisierung viel einfacher. Rahmenbedingungen, z.B. was wird wie zugelassen, wie ist der Markteintrittspreis, muss der Gesetzgeber regeln, weil es sonst ungeahnte Ausmaße annimmt.
Ich glaube mittlerweile zahlen wir fast genauso viel oder mehr für Arzneimittel wie für die ärztliche Behandlung. Der Mensch, der mit dem Menschen arbeitet, bekommt weniger als die Pharmaindustrie. Ganz oft werden Arzneimittel herstellt, die gut und nützlich sind, aber ganz oft auch Ersatzprodukte, die keinen zusätzlichen Nutzen haben, der so viel mehr Geld rechtfertigt. Das ist ein Problem. Das können auch nur Expertinnen und Experten verstehen, wie Preisverhandlungen ablaufen. Das ist ein Thema für sich.
Markus
Als Herr Seehofer noch ein bedeutender Politiker in Bayern war hat er in etwa gesagt, dass ein Gesetz so kompliziert wie möglich gemacht werden muss, damit der einfache Bürger nicht mitreden kann und am Ende womöglich noch seine Interessen durchsetzt.
Christian
Herr Seehofer ist kein geeignetes Beispiel, da er 1994 den Wettbewerb in der GKV eingeführt hat. Ohne den gäbe es das nicht. Natürlich muss das kontinuierlich weiterentwickelt werden und ich glaube auch nicht, dass wir knapp 100 Krankenkassen brauchen. Vielleicht reichen 40, 50, oder noch weniger. Dann muss aber auch der Markt angepasst werden. Wir haben im Moment Krankenkassen, die nur für einzelne Bundesländer geöffnet sind. Die stehen nur im Wettbewerb in diesem Bundesland. Die sind auch ein bisschen günstiger. Hier sind es bereits verschobene Wettbewerbsbedingungen. Es braucht die gleichen Rahmenbedingungen und dann reguliert sich so ein Markt auch zum gewissen Teil von selbst. Ich glaube, dass eine Optimierung dem ganzen System guttun würde, das ist meine persönliche Meinung.
Versicherungswahlfreiheit gut, Wechselmodalitäten jedoch nicht
Markus
Ein Thema, dass wir noch gar nicht angesprochen haben. Wie stehst du zu dem System der zwei Versicherungsarten, der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung?
Christian
Das System der doppelten Krankenversicherung finde ich gut. Die Wechselmodalitäten sollten etwas angepasst werden. Da gibt es keinen richtigen Wettbewerb zwischen den Krankenkassen, sondern eher ein Wettbewerb über verschiedene Personenkreise. Menschen, die entweder sehr viel Geld verdienen, verbeamtet sind oder die sonst eine Möglichkeit haben, die Solidarität der GKV zu verlassen. Aber ich finde es gut, dass es die PKV gibt. Auch die spüren die Demographie, Leistungsausgaben und den Engpass an Menschen, die sie wählen können auf der Einnahmenseite. Aber sie haben die Möglichkeit Geld auf dem Kapitalmarkt anzulegen und so eigene Vorsorge zu betreiben. Diese Möglichkeit hat die GKV leider nicht. Es bräuchte allerdings auch Expertise mit diesen Möglichkeiten umzugehen, wird dieses System irgendwann liberalisiert. Das wird oftmals unterschätzt, welcher Aufwand Anlagen am Kapitalmarkt sind, wenn man es erst einmal darf.
Markus
Vielen Dank, dass du dich explizit für das System der zwei Versicherungen aussprichst. Das ist für mich eine neue Perspektive,
Christian
Ich finde, die besten Dinge der beiden Systeme sollten kombiniert werden. Keine Bürgerversicherung, sondern jeder sollte darüber nachdenken, welche optionalen Möglichkeiten es gibt. Da tun wir uns echt schwer, muss ich sagen.
Mehr zu Christian Keutel
Markus
Wenn dich jemand kontaktieren möchte, für welche Fragen und Themen bist du ansprechbar und wie kann man dich erreichen?
Christian
Gerne über LinkedIn (Linkedin-Profil Christian Keutel) vernetzen und eine Nachricht schicken, ich antworte drauf im Regelfall relativ zügig. Mir ist der Austausch mit Experten wichtig. Ich habe durch den Podcast viele Menschen kennengelernt, die aus dem Versorgungsbereich kommen. Die haben Fragen wie, wie ist der Markteintritt, wie sind auch die Investitionsmöglichkeit von einer Krankenkasse und solche Dinge. Ich sage es auch ganz ehrlich, wenn es mich nicht interessiert oder ich keine Expertise habe.
Markus
Falls ein Arbeitgeber Interesse an der Gründung einer eigenen Betriebskrankenkasse hat, könnte er oder sie auch auf dich zukommen?
Christian
Ich kann meinen Arbeitgeber (Siemens Betriebskrankenkasse SBK) aus Überzeugung empfehlen. Ich habe auch lange Kundenberatung gemacht, also ich kann das ein bisschen einschätzen
Markus
Also verlinken wir auch noch mal das Jobportal von der SBK.
Christian
Ja, wir suchen immer gut ausgebildete Leute, gerade was Kundenberatung betrifft. Wir bilden auch selbst aus, haben auch viele Studentinnen und Studenten, die hier gelernt haben und jetzt einen guten Job bei uns machen. Die Krankenversicherung und Gesundheitssystem insgesamt ist eine tolle Branche mit vielen Entwicklungsmöglichkeiten. Kann ich nur empfehlen.
Markus
Das ist auch ein gutes Schlusswort. Zwischen diesen Deep Dive und dem, was alles schief geht, wo das System krankt, du eben auch sagen kannst, es gibt Krankenkassen wie die Siemens Betriebskrankenkasse, die einen tollen Service liefert, als Arbeitgeber interessant ist, aber auch für die Mitglieder einen deutlichen Mehrwert liefert, auch wenn sie eben innerhalb der gesetzlichen Grenzen sonst ähnliche Leistungen hat.
Ich freue mich sehr, dass wir uns zusammengefunden haben, dass du so offen dein Wissen geteilt hast und gebe dir gerne das letzte Wort.
Christian
Ich möchte mich auch bedanken, dass ich mal auf der anderen Seite des Gesprächstisches sitzen durfte, wenn auch es nur virtuell ist. Es war ein spannendes Gespräch.
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